Nichts ist so beständig wie der Wandel

Der griechische Philosoph Heraklit liefert den Leitgedanken für das Jahrbuch 2022 

Es soll möglichst alles wieder so werden, wie es einmal war. Dieser Wunsch vieler Menschen für die Zeit nach der Corona-Pandemie erscheint durchaus verständlich, denn das Bekannte, das Gewohnte schafft Vertrauen und gibt ein gutes Gefühl von Sicherheit, insbesondere in unruhigen Zeiten. Veränderungen, die uns in unserem Lebensalltag berühren, erzeugen dagegen seit jeher Misstrauen, denn dem Neuen und Unbekannten wohnt stets die Furcht vor einer ungewissen Zukunft inne. Dabei hatte schon der griechische Philosoph Heraklit vor 2500 Jahren erkannt: Nichts ist so beständig wie der Wandel. Der Wandel gilt als der Motor, der alles antreibt und die Menschheit voranbringt. Er läuft allerdings spätestens seit Beginn der Industrialisierung in einem Tempo, das für Heraklit unvorstellbar gewesen sein muss, und mittlerweile so hochtourig wie nie zuvor. Die Corona-Pandemie hat den Motor keinesfalls zum Stottern gebracht, sondern noch befeuert. Fast jeder Monat brachte einschneidende Veränderungen. In vielen Bereichen wurde der schon der Krise begonnene Strukturwandel beschleunigt, zum Beispiel in der Digitalisierung und im Einzelhandel.  Und dann sind da ja noch die wegen Corona vorübergehend in den Hintergrund geratenen globalen Herausforderungen, die sich aus der Erderwärmung und dem Artensterben ergeben.

Aufzuhalten ist der rasante Wandel nicht. So bleibt nur die Frage, wie wir ihn begreifen – als Bedrohung oder als Chance – und wie wir ihm begegnen. Bei der Antwort kann vielleicht ein chinesisches Sprichwort helfen: Wenn der Wind der Veränderung bläst, bauen einige Menschen Mauern und andere Windmühlen.

Ohne den beständigen Wandel hätten die Geschichtsbücher nur leere Seiten, und deshalb ist es bis heute keine Nachricht wert, wenn etwas bleibt, wie es ist. Interessant, spannend und daher berichtenswert sind allein die Veränderungen – im Kleinen wie im Großen. Während wir nicht wissen, was künftige Veränderungen bewirken, können wir im Rückblick recht gut beurteilen, ob sie sich eher positiv oder negativ ausgewirkt haben. In jedem Fall lernen wir aus der Geschichte und können bestenfalls verhindern, dass sich Fehler, die in der Vergangenheit gemacht worden sind, in der Zukunft wiederholen.

Für die Ausgabe 2022 der Reihe "1885 – Geschichten aus der Geschichte des Landkreises Gifhorn" soll an vielen verschiedenen Beispielen gezeigt werden, wie der beständige Wandel Geschichte schrieb. Diese Beispiele können von steinzeitlichen Erfindungen ebenso erzählen wie vom Anschluss der ersten Bauernhöfe an die ländliche Elektrizitätsversorgung im 20. Jahrhundert. Nicht weniger interessant als Beiträge über geänderte Herrschaftsverhältnisse – sowohl durch Krieg als auch durch Heirat – und deren Folgen sind Berichte über den "Handel im Wandel" in jüngerer Zeit und das Aussterben alter Handwerksberufe wie denen des Sattlers und des Stellmachers. Ein interessantes Thema könnte der durch die Mechanisierung und die Erfindung des Kunstdüngers ausgelöste Strukturwandel in der Landwirtschaft sein, aber auch Religion (Reformation) und Kultur (Romantik, Biedermeier usw.) bieten reichlich Stoff für lesenswerte Aufsätze. Und nicht zu vergessen ist das "ganz normale" Alltagsleben vor 50 Jahren im Landkreis Gifhorn, das älteren Menschen noch gut in Erinnerung ist und vielleicht deshalb nicht als etwas Besonderes erscheint, über das zu schreiben sich lohnen würde, aber für jüngere ungemein spannend sein kann. 

Heraklits Erkenntnis wurde nicht zuletzt deshalb als Leitgedanke für das 2022er Jahrbuch gewählt, weil es den Autorinnen und Autoren erlaubt, Beiträge aus vielen verschiedenen Themenbereichen einzureichen. Anstatt sie thematisch einzuschränken, soll der Leitgedanke sie ermuntern, in ihren Interessengebieten nach Beispielen für den beständigen Wandel und dem, was er in der Geschichte bewirkt hat, zu suchen und sie den Leserinnen und Lesern zu schildern. 

Einsendeschluss für Beiträge, die für das Jahrbuch 2022 berücksichtigt werden sollen, ist der 30. Juni 2021. Die Beiträge sollten – möglichst mit Illustrationen – unter der E-Mail-Adresse 1885(at)calluna-medien.de eingereicht werden. Die Redaktion freut sich auf viele schöne Geschichten aus der Geschichte des Landkreises Gifhorn.

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